#arbeit #devops __Datum:__ 2024-08-18 __Anm:__ ich habe diese Retrospektive zwei Tage vor meiner Kündigung bei tech11 im August 2024 geschrieben. Nach Abschluss der Probezeit bei meinem neuen Job habe ich sie überarbeitet und veröffentlicht. Die Idee dafür habe ich von dem Blogeintrag [ Postmortem of my 9 year journey at Google](https://www.tinystruggles.com/posts/google_postmortem/) übernommen. ## Einführung Im Frühling 2021 näherte sich mein Studium dem Ende, und so machte ich mich auf die Suche nach einer Stelle als Software-Entwickler im Großraum Würzburg. Nachdem die Suche erfolglos blieb, bewarb ich mich im Juni bei tech11 auf eine Werkstudentenstelle als "DevOps Engineer". Diese trat ich im September an. Ab Dezember arbeitete ich in einer Festanstellung als "Junior DevOps Engineer". Im Laufe von 2023 bekam ich mit der Rolle des Informationssicherheitsbeauftragten noch einen zweiten Hut aufgesetzt. Meine einzige Erfahrung der IT-Branche davor war ein sechsmonatiges Pflichtpraktikum bei einer kleinen Linux-Bude in Tübingen. ## Was habe ich erwartet, als ich tech11 beigetreten bin? Ich hatte keine klare Vorstellung über tech11. Als ich zum ersten Mal las, dass es ein Hersteller für Software in der Versicherungsbranche ist, sind meine Gedanken zu COBOL auf dem Mainframe gewandert. Deshalb war ich auch positiv überrascht, als ich den recht modernen Tech-Stack präsentiert bekommen habe. Mein Ziel für den Job war es: 1. Ich wollte mein theoretisches Wissen über die Informationssicherheit aus dem Studium in die Praxis umwandeln. 2. Ich wollte ein Verständnis über den operativen IT-Betrieb gewinnen. ## Nun, wie war es? Rückblickend sehe ich die drei Jahre in einem positiven Licht, auch wenn es einige Tiefpunkte gab[^2]. In den ersten 1,5 Jahren habe ich sehr viel Kraft und Zeit investiert. Dafür wurde ich belohnt mit: - einem fantastischen Teamleiter, der für mich die Rolle eines Tutors einnahm und sein Wissen gerne an mich weitergab. - tiefgreifenden Linux-Kenntnissen - breit aufgestelltem Wissen über DevOps-Technologien (IaC, Pipelines, Container etc.) - neu erworbenen Softskills - einer tollen Belegschaft Nach 2,5 Jahren fing ich an mit meiner Position zu hadern: - nachdem einer der Gründer die Firma verlassen hat, verschlechterte sich mein Verhältnis zu der Geschäftsführung - viele "Alteingesessene" Kollegen haben die Firma verlassen - mit dem Weggang der Kollegen veränderte sich auch die Firmenkultur - meine Vergütung war unterdurchschnittlich im Verhältnis zu meinem angeworbenen Wissen und dem Arbeitsaufwand - innerhalb der Abteilung gab es keine Aufstiegsmöglichkeiten. Eine Änderung meines Titels von Junior DevOps Engineer zu DevOps Engineer brachte keine Änderung meiner Aufgaben mit sich. - Infra-Stack drohte zu veralten (z.B. wurde der Wechsel von Docker auf Kubernetes nie durchgeführt, es fehlte an Zeit das Monitoring zu pflegen...) [^1] ## Lessons learned Drei Jahre Berufserfahrung - insbesondere beim ersten richtigen Job - lassen sich nur schwer zusammenfassen. Ich habe einen tiefen Einblick in IT-Infrastruktur gewonnen, erste wichtige Kenntnisse über ISMS gesammelt und essentielle Soft Skills erworben. ### Was lief gut? - Vorgesetzte, die in meine Arbeit vertraut haben - Aufbau des Informationssicherheitsmanagementsystems - Zertifizierung des Informationssicherheitsmanagementsystems nach ISO 27001. - Automatisierung der Infrastruktur durch Einführung von Infrastructure-as-Code Prinzipien - Gelernt wie man in einem geschäftlichen Umfeld auftritt. - Vortrag "Infrastructure as Code - Using Ansible @ tech11" bei der Würzburg Web Week gehalten ### Was lief schlecht? - Durch Unterbesetzung der Abteilung konstant zu hohe Workload - Operations-Team rutschte in die "Mädchen für Alles"-Rolle[^3] - Projekte, welche langfristig die Rolle des Operations-Team erleichtert hätten, konnten wegen dem chaotischen Alltag nie zu Ende gebracht werden - Langes Pendeln von Schweinfurt nach Würzburg - "Startup Kultur" hieß leider auch, dass viele Prozesse nicht definiert waren und Entscheidungsträger teils selber nur wenig Erfahrung hatten. ### Wo hatte ich Glück? - Tolle Leute kennengelernt, mit denen ich auch noch Kontakt habe obwohl sie nicht mehr bei tech11 sind - Durch Kollegen in Accra neue Perspektive und Einblicke in die afrikanische IT-Branche bekommen - Konnte mich mit der Regulatorik in der Versicherungs- und Finanzbranche vertraut machen[^4] - Mitarbeiterbonus :) ### Was hätte ich anders machen können? - Mehr darauf Wert legen, dass das Team in die Entscheidungen im Unternehmen eingebunden wird. [^5] - Stärkerer Fokus auf Automatisierung - Mehr Eigenverantwortung einfordern, Terminkalender nicht nur von Projektteams bestimmen lassen. - "Mädchen für Alles"-Aufgaben stärker abweisen. ## Action Items - [x] Kündigung einreichen - [x] Im Dezember meinen neuen Job antreten - [x] Probezeit überstehen ;) [^1]: Mittlerweile nutzt tech11 verstärkt Kubernetes. [^2]: z.B. verließen Mitte 2023 innerhalb von zwei Monaten meine drei Teamkollegen die Firma. [^3]: Einmal wurde ich auf einen kaputten Wasserhahn hingewiesen. [^4]: Dies hat indirekt zu meinem jetzigen Job geführt [^5]: Das Operations-Team war in einem Silo. Wir wurden wir oftmals vor vollendete Tatsachen gestellt. Unser Feedback zu Themen wie der Einführung eines neuen Wiki-Systems wurden nicht eingeholt.